(November-Januar 2021/22)

Mehr als 3 Monate ist nun der letzte Blog schon her. In dieser Zeit habe ich wieder viel erlebt. Zum Beispiel wurde bei mir im Krankenhaus fälschlicherweise Malaria „festgestellt“, obwohl ich eigentlich nur Grippe hatte. Sie wollten mir schon Infusionen legen und mich über Nacht da behalten, also haben wir Eva angerufen und um Rat gefragt. Es folgte das gleiche Spiel wie beim Typhustest. Ins Matatu steigen eine Stunde nach Jinja fahren, noch mal einen Test im internationalen Krankenhaus machen, der dann negativ war und dann wieder eine Stunde zurück fahren.

An einem anderen Tag wurden wir von unserer Nachbarin zum Essen eingeladen. Das Essen war sehr lecker und wir konnten uns gut unterhalten. Sie wollte u.a. wissen warum wir denn verschiedene Haarfarben haben und wie viele Familienmitglieder/Geschwister wir haben. Wir stellten fest, dass wir Deutsche im Durchschnitt viel weniger Geschwister, dafür aber viel ältere Großeltern haben. Mit 53 Jahren ist man hier schon alt und im Ruhestand. Außerdem haben hier Eltern Minimum 4 Kinder, oft auch bis zu 10+ Kinder.

Für wie „besonders/außergewöhnlich“ uns die Kinder hier halten hat mir folgendes Gespräch gezeigt, das ich mit ein paar Netballspielerinnen in einer Trainingspause geführt habe. Sie betrachteten ganz neugierig meine Haut und waren dann sehr überrascht, dass ich auch, wie sie, Haare an meinen Armen und Beinen habe. Total verwundert waren sie schließlich als sie gesehen haben, dass ich die gleichen Linien in meiner Hand habe, wie sie und als sie feststellten, dass meine Waden unangespannt auch „wackelig“ sind. Ich habe ihnen dann erklärt, dass wir alle die gleichen Menschen sind und es deshalb nicht gut ist nach der Hautfarbe oder dem Aussehen zu urteilen.

Folgendes Beispiel zeigt, dass die Kommunikation mit den Spielern auf Englisch am Anfang sehr schwer war. An einem Tag war ein neuer Coach im Training und wir wollten von den Spielern wissen wie oft denn dieser Trainer kommt. Die Antworten waren:

Spieler A: „Ja“

Spieler B: „Heute“

Spieler C: „Nein“

Spieler D: „einmal im Jahr“

Keine der Antworten war übrigens richtig. Am Ende eines Trainings hielt der Coach ein Vortrag über Disziplin, weil einige Spieler nicht regelmäßig kommen/ zu spät kommen/ nicht auf die Trainer hören und dies, uns gegenüber, sehr unhöflich sei. Am Ende des Vortrags mussten sich alle vor uns hinknien und sagen, dass es ihnen Leid tue und es nicht mehr vorkommen wird. Diese Situation war sehr befremdlich für uns. In Europa ist es ein Zeichen der Unterwerfung, wenn man vor jemanden kniet. Hier wurde uns aber erklärt, dass es ein Zeichen für Dankbarkeit ist und wir es nicht ablehnen dürfen. Ich weiß nicht, ob ich mich damit anfreunden kann, da ich mich absolut nicht als etwas „besseres“ fühle bzw. dass mir so ein „Dank“ zusteht.

Am folgenden Wochenende wollten wir zum Geburtstag eines Freundes und Mitfreiwilligen nach Kampala (Hauptstadt von Uganda) fahren. Leider waren dann aber 2 Bombenanschläge mit Toten in Kampala und uns wurde, sinnvollerweise, das Reisen verboten. Den Mitfreiwilligen in Kampala geht es gut. Zum Glück waren sie an dem Tag zu spät dran, sonst wären sie in der Nähe des Anschlags gewesen. Nach dem Anschlag durften sie, zur Sicherheit, 2 Tage nicht arbeiten. Generell wurde uns gesagt, dass wir Menschenmengen/ größere öffentliche Plätze meiden sollen. Ich fühle mich an sich hier sicher. Wir leben mehr ländlich und es gibt keine wichtigen Plätze o.ä. in unserer Nähe. Wenn man sich zusätzlich an die Regeln vom ASC hält, ist die Chance, dass etwas passiert auch sehr gering. Natürlich können Anschläge immer und überall passieren, hier genauso wie in Deutschland.

Einmal trafen wir auf unserem Heimweg eine Familie aus England. Sie haben ugandische Eltern und sind in Uganda aufgewachsen. Sie luden uns für ein Thanksgivingessen ein. Wir konnten uns nicht wirklich was darunter vorstellen und gingen davon aus, dass es vermutlich so wie bei Thanksgiving in den USA sei. Als wir aber dort ankamen, fanden wir eine Beerdigung vor. Allerdings war es mehr eine feierliche Zeremonie als ein Trauergottesdienst. Die Frauen hatten ihre farbenfrohen Festkleider an, es wurde getrommelt und gesungen. Es wurde weniger getrauert und mehr das gelungen Leben der verstorbenen Person gefeiert. Der Dorfgemeinschaft wurde währenddessen gedankt, dass sie immer für die Person da waren und ihr bei Bedarf geholfen haben. Nach der Zeremonie gab es dann für alle Gäste ein Festgericht, das wir zum ersten Mal nur mit unseren Händen gegessen haben. (Es ist hier üblich alles nur mit der rechten Hand und ohne Besteck zu essen.

Bei einem Meeting mit unseren beiden Projektmanagern zu den Themen: Schwimmprogramm und Unterrichtsstunden haben wir auch über ein neues Projekt gesprochen. Wir wurden gefragt, ob wir an einem anderen Standort etwas sexuelle Aufklärung unterrichten könnten. An sich finden wir diese Idee sehr gut, müssen uns aber noch überlegen zu welchen Themen wir was machen wollen und dies auch können. Sexuelle Aufklärung ist ein sehr wichtiges und vielseitiges Thema. Je nach Alter und Geschlecht können viele unterschiedliche Aspekte behandelt werden.

Im Laufe des Gesprächs wollten wir auch von unseren Projektmanagern wissen, wie wir mit dem Thema Homosexualität umgehen sollen, da dies hier ein heikles Thema ist. Die Antwort war, dass wir wenn überhaupt nur negativ darüber reden sollen. Hier in Uganda wird jegliche homosexuelle Handlung mit lebenslänglich Gefängnis bestraft. Wir haben dazu aber eine komplett andere Meinung und werden auf keinen Fall negativ über Homosexualität reden.

Ein anderes Thema, das wir beim Meeting angesprochen haben, war das Reiseverbot wegen den Anschlägen in Kampala. Uns wurde gesagt, dass die Hauptsache dafür nicht die Angst vor neuen Anschlägen ist, sondern eher, dass wir für die Anschläge beschuldigt werden könnten. Schließlich sind wir hier die Ausländer. Wenn man uns sieht, fällt direkt auf, dass wir anders sind. Warum wir hier sind und was wir hier machen, sieht man eben nicht auf den ersten Blick. Es wurde uns auch erklärt, dass viele Menschen hier Europäer nicht mögen und diese für die Corona Lage verantwortlich machen. Schließlich haben weiße Menschen Covid nach Uganda und Afrika gebracht. Alles schöne Stereotypen. Ich kann jetzt noch besser nachempfinden wie sich Ausländer in Deutschland fühlen müssen. Wenn einer von vielen was Dummes macht, heißt das nicht, dass alle so etwas machen würden/ gut finden! Ich persönlich habe ja auch nicht Covid nach Uganda gebracht!

An einem Wochenende wurden wir zu einer Graduation (Abschluss der Uni) eingeladen. Bei dem öffentlichen Teil konnten wir wegen Corona nicht dabei sein. Dafür aber bei der anschließenden privaten Feier. Diese begann erstaunlicher Weise mit einer Predigt von einem Pastor. Anschließend hielt gefühlt jedes Familienmitglied noch eine Rede. Nach jeder Rede wurde Musik angemacht und alle sprangen auf und tanzten wild und machten interessante Trillergeräusche. Nach gut 3 Stunden gab es für alle dann wieder ein Festessen.

An einem Freitag luden wir am Abend unsere Bodafahrer für einen Spieleabend ein. Wir hatten zum ersten Mal hier Pizza bestellt. Die Boda Fahrer hatten sehr viel Spaß beim Solo spielen (so ähnlich wie Uno) auch wenn sie es nicht direkt verstanden haben. Wir genossen nebenbei unser ugandisches Feierabendbier. Der Abend war sehr lustig und gelungen.

Einige Wochen später waren wir zu einer Gedenkfeier für die verstorbenen Oma unseren Projektmanagers eingeladen. Der meiste Teil der Zeremonie war auf Lusoga, weshalb wir nicht so viel vom Inhalt verstanden. Danach gab es aber ein großes Festmahl für alle. Anschließend tauschten wir uns mit der Familie noch aus und machten noch ein paar gemeinsame Erinnerungsfotos. Den Opa von unserem Projektmanager lernten wir als ein sehr herzlichen und weltoffenen Mann kennen. Leider verstarb er unerwartet am 29.12.21.