Im erste Schulsemester (hier sind die Schuljahre in 3 Semester unterteilt) steht Athletik auf dem Programm. Dafür wurden 3 Wochen lang immer nachmittags Runden um die schule herum gelaufen, um die besten Läufer zu ermitteln. Diese wurden dann 2 weitere Wochen speziell trainiert. Dann war es soweit an einem Freitag waren die großen Wettkämpfe an denen insgesamt 10 Schulen mit jeweils 26 Schüler*innen teilnahmen. Folgende Disziplinen gab es: Hürdenlauf in verschiedene Höhen und Strecken, eine Art Weitspringen, Hochsprung, Ball und Diskus werfen, so wie viele verschiedene Läufe.

Der Tag begann damit, dass alle Teilnehmenden gemessen und gewogen wurden. Da oft bei den Altersangaben gelogen wird, werden hier die verschiedenen Altersklassen anhand von dem durchschnittlichem Gewicht/ Größe eingeteilt. Wer nicht dem Durchschnitt entspricht, darf nicht in seiner Altersklasse antreten. Als dann alle vermessen waren ging es mit den Hürden um ca. 11:30 Uhr los. Man muss dazu sagen, dass es um die Uhrzeit hier schon 32 Grad hat und die meisten Schüler*innen noch nichts gegessen haben, geschweige denn eine Trinkflasche besitzen. Die Hürden verliefen problemlos.

Doch als es dann ohne Pause in der prallen Äquatorsonne mit dem Laufen weiter ging fing für uns das negative Spektakel an. Viele Teilnehmende mussten bei mehreren Läufen antreten. Schon nach dem zweiten Lauf kollabierten die ersten Schüler*innen. Zu unserem Erschrecken war es den Lehrkräften egal. Niemand kümmert sich um die Kinder. Wir Freiwillige beschlossen dann Wasserflaschen und Glucose zu kaufen (von unserem Taschengeld). Dies wurde auch dringend benötigt. Denn mit jedem weiteren Lauf kollabierten weitere Kinder. Dies ist auch bei den Bedingungen nicht unnormal. Mittlerweile hatte es 35 Grad, die Sonne brannte, die Kinder hatten außer von uns nichts zutrinken und vermutlich auch nichts gegessen. Doch die Lehrkräfte interessierte es nicht. Sie wollten Lauf für Lauf durchziehen. Kinder die nicht mehr konnten, wurden mit Stockschlägen zum Weiterlaufen gezwungen. Als eine Schülerin ein paar Meter vor dem Ziel kollabierte, stritten sich die Lehrer was man denn jetzt mit ihr machen solle. Ein Lehrer wollte sie über die Ziellinie ziehen, ein anderer meinte, dass das ja dann Betrug sei und ein weiterer schlug mit einem Stock auf ihre Beine damit sie doch gefälligst weiter laufe.

Man muss dazu sagen, dass sich die Lehrer auch untereinander angefeindet haben, weil jeder natürlich seine Schüler*innen bei den Besten dabei haben wollte. Solche Turniere beginnen auf Schulebene und gehen dann mit den Besten immer weiter bis zu den Nationalgames. Je weiter die Schüler kommen, desto mehr Ansehen bekommen die Lehrer/ die Schule. Doch das alles rechtfertigt meiner Meinung nach überhaupt nicht das Verhalten der Lehrkräfte. Den kollabierten Schülern ging es wirklich schlecht und es hat einfach niemanden gejuckt. Ein Lehrer hat sich tatsächlich einmal erbarmt eine kollabierte Schülerin in den Schatten zu tragen mehr aber auch nicht. Wir saßen jeweils teilweise mit 2 kollabierten Kindern da und haben irgendwie versucht ihnen Wasser und Glucose zu geben, damit sie bei Bewusstsein bleiben und ein Lehrer meinte nur „geht da weg der nächste Lauf fängt gleich an“. Am schlimmsten war es für mich, als ein Mädchen nur noch zuckend auf dem Boden lag, nicht mehr ansprechbar war, kaum noch geatmet hat und es niemanden interessiert hat. Wir haben sie dann in den Schatten gebracht, bestmöglich erste Hilfe geleistet bis sie wieder bei Bewusstsein war und schließlich vor Erschöpfung eingeschlafen war. Der Tag war mit Abstand einer meiner schlimmsten Tage hier in Uganda. Ich habe generell noch nie so viele kollabiertet und bewusstlose Kinder an einem Tag gesehen. Ich finde es schrecklich wie ein Menschenleben so wenig wert sein kann. Wie einem der Erfolg so wichtig sein kann, dass es einem gleichgültig ist, wenn Kinder fast in prallen Sonne sterben.

Bitte bedenkt, dass das alles meine persönlichen Erfahrungen hier waren. Wie es an anderen Schulen bei solchen Wettkämpfen abläuft weiß ich nicht. Vielleicht besser vielleicht schlechter. Vielleicht war es manchen Beteiligten auch nicht komplett egal, sondern sie wusste nicht wie man erste Hilfe leistet oder wollten nichts falsch machen. Aber Fakt ist leider, dass ich die oben beschrieben Situationen alle so erleben musste. Ich will mir nicht vorstellen was passiert wäre, wenn wir nicht dabei gewesen wären.